Dass Newsletter zu den verlässlichsten Kommunikationsmitteln zählen, gilt nicht nur in diesen Tagen. Im Zur-Sache-Interview erklärt Thorsten Gerke, Marketingexperte und Gründer der Unternehmensberatung tg&partner, warum Newsletter-Marketing für die B2B-Kommunikation zunehmend an Bedeutung gewinnt.
11. November 2020
Herr Gerke, Sie sind seit über 20 Jahren im digitalen Marketing, in der Marktforschung und Medienbranche tätig. Welche Entwicklungen lassen sich Ihrer Meinung nach derzeit in der B2B-Kommunikation und im -Werbemarkt beobachten?
Das ist eine überaus spannende Frage, die sich gar nicht so leicht beantworten lässt. Fakt ist: B2B-Unternehmen haben heutzutage mehr denn je die Möglichkeit, Werbebotschaften über eine steigende Anzahl an Kommunikationskanälen zu verbreiten. Die Mehrheit der Kanäle und Touchpoints ist digital. Das ist nicht neu. Aber: Print lebt in zahlreichen B2B-Märkten munter weiter. Das ist schon eine kleine Überraschung. Für nicht wenige Zielgruppen sind gedruckte Fachmedien sogar unverändert relevant. Ein Ende der Dominanz von Printmedien als Erstinformationsquelle ist nicht absehbar. Das gilt für Teile des Handels und erst recht des Handwerks, um nur zwei Beispiele zu nennen.
Eine Entwicklung mag also sein: Ja, B2B-Werbung wird digitaler, aber sie ist nicht durchdigitalisiert. Nicht heute und in zahlreichen Märkten auch nicht morgen. Wir sollten weniger nach Print oder Digital unterscheiden, sondern nach den Charakteristika des jeweiligen Mediums. Und da sind zwei Kategorien spannend: Auf der einen Seite sind es Medien, die statisch informieren und dem Rezipienten ein abgeschlossenes Informationserlebnis bieten. Sie stellen eine selektierte Auswahl an Inhalten bereit. Und der Nutzungsprozess hat einen Anfang und ein Ende. An diesem Punkt wird dem Rezipienten suggeriert, dass er alles Wichtige aufgenommen hat. Auf der anderen Seite sind es Medien, die permanent informieren, gefühlt ohne Anfang und ohne Ende. In diesen Kanälen lässt sich nie alles aufnehmen und erfassen. Gerade für Berufszielgruppen kann der Beigeschmack hängen bleiben, doch nicht alles mitzubekommen oder Relevantes verpasst zu haben. Typische Kanäle sind Social-Media-Plattformen und Websites mit augenscheinlich endloser Informationstiefe. Das Gegenbeispiel sind Fachzeitschriften und – nicht zu vergessen – Newsletter: Feste Erscheinungstermine, selektierte Fachinformationen, ein Anfang und ein Ende. Damit erhält der Rezipient idealerweise ´alles, was er aktuell wissen muss`. Newsletter vermitteln eine hohe Wertigkeit. Aber auch in puncto Glaubwürdigkeit und Sicherheit sind sie unschlagbar. So eignen sie sich – in schweren Zeiten wie diesen – optimal, um mit Kunden und Partnern in Kontakt zu bleiben und sie auf dem Laufenden zu halten.
Damit sprechen Sie viele interessante Aspekte an. Vor allem die Wirkungskraft von Newslettern bleibt oftmals unterschätzt. Was macht Newsletter-Marketing für B2B-Unternehmen so attraktiv?
Neben den bereits erwähnten Kommunikationsleistungen zeichnet sich der Newsletter durch eine persönliche Ansprache, kombiniert mit ausgewählten Fachinformationen, aus. Diese lassen sich in Content-Management-Systemen sogar anhand von Interessensprofilen der Empfänger konfigurieren. Parameter können schlicht die Branchenzugehörigkeit des Adressaten oder seine Funktion im jeweiligen Unternehmen sein. Absender könnten also separate Newsletter für Branche A und Branche B versenden oder nur für Einkäufer und nur für Geschäftsführer. Diese Teilindividualisierung beziehungsweise Selektion nach Gruppen erfreut sich immer größerer Beliebtheit.
Außerdem ist zu bedenken: Der Newsletter ist gewollt, also freiwillig angefordert. Mehr noch: Durch sein Abonnement geht der Empfänger eine positive Beziehung mit der Absendermarke ein. Er hat sich aktiv zu ihr bekannt. Diese Tatsache sollten wir, in einer Zeit, da uns auf Websites und in den Social-Media allerlei ungewollte Werbeformate und gekaufte Content-Botschaften begegnen, nicht unterschätzen. Funktional gilt außerdem: Ein Newsletter genießt die ungeteilte Aufmerksamkeit des Empfängers und ist – im besten Fall – brandaktuell. In der Regel liest die Mehrheit der Empfänger ihn binnen 24 Stunden. Dadurch ist er ein schnelles Aktions- und Informationsmedium. Damit ähnelt ein Newsletter in seinem Charakter eher einer gedruckten Fachzeitschrift.
Sie sind selbst als Dozent für Mediaforschung und -planung tätig, unterrichten Studenten und geben Workshops. Wie schätzen Sie – aus Ihrer professionellen Perspektive heraus – den Status quo in Sachen B2B-Mediaplanung ein? Und wie wird sie sich entwickeln?
Im B2C setzt sich die automatisierte, programmatische Ansprache von Zielgruppen in Echtzeit immer stärker durch. Auf Basis von Profildaten der jeweiligen Person können Werbetreibende digitale Werbeformate auf dem jeweiligen Endgerät über spezielle Handelsplätze einblenden. Dies muss nicht nur der Banner sein. Es ist mittlerweile auch möglich, TV-Spots auf dem heimischen Gerät oder Audio-Botschaften via Webradio auszuspielen. Die herkömmlichen Markt-Media-Studien, die auf Vergangenheitsdaten zurückgreifen, kämpfen zunehmend um Relevanz. Sie vermitteln immer stärker lediglich Grundlagenwissen und nehmen eine allgemeine Einordnung von Werbeträgern vor.
Im B2B kommt dies ebenfalls an: Übergeordnete, grob erfassbare B2B-Zielgruppen, wie zum Beispiel ´der Mittelstand` oder ´die Selbständigen`, lassen sich mit dieser Echtzeit-Mediaplanung per automatisiertem Marktplatz programmatisch erreichen. Allerdings: Je detaillierter die Fachzielgruppe definiert ist, desto eher stößt der neue Planungsansatz an seine Grenzen. Die herkömmliche Mediaplanung und – damit verbunden – die typischen Mediaanalysen für B2B-Märkte werden weiterhin gebraucht, wenn die Mediaplanung ordentlich und fundiert erfolgen soll. Bei vielen Unternehmen, die ihre Branche und ihre Fachmedien kennen, mache ich mir da wenig Sorgen. Aber in Media-Agenturen mag die Verlockung groß sein, das traditionelle Stiefkind B2B-Mediaplanung ebenfalls aufwandsarm programmatisch-automatisiert abzuwickeln, obwohl es dafür häufig keine hinreichende Datengrundlage gibt. Dem versuche auch ich beim Nachwuchs entgegenzuwirken. Das Einfinden in B2B-Zielgruppen und ihre Mediennutzung kann schließlich eine spannende Sache sein – auch ohne Algorithmen, die Entscheidungen abnehmen.
Herr Gerke, vielen Dank für Ihre Zeit und das erkenntnisreiche Gespräch!
Dipl.-Oec. Thorsten Gerke absolvierte neben seinem Universitätsstudium (Schwerpunkt Marketing) eine Fachausbildung zum Kommunikationswirt. In der Praxis ist er seit über 20 Jahren im Bereich Media-Sales und in der Mediaplanung engagiert. Er begleitet und berät sowohl überregionale als auch lokal ausgerichtete Verlage. Dabei baut er selbst auf fundierte Praxiserfahrung auf Medien- und Agenturseite, unter anderem als Leiter der Digital- und Crossmedia-Vermarktung. Als Autor („Handbuch Werbemedien-Werbeträger optimal vermarkten“), als Dozent und Trainer für Medienhäuser sowie an der Fakultät für Digitale Medien der HFU, Hochschule Furtwangen University, zählen die professionelle Mediavermarktung und die Digitalisierung der Medien zu seinen Fachgebieten.
Möglichkeit zur Vernetzung:
Thorsten Gerke auf Xing
In unserem Leitfaden: E-Mail-Marketing im B2B. Warum sind Newsletter und Stand-alone-Mailings keine alten Hüte? zeigen wir Ihnen, warum E-Mail-Marketing in der Marketingkommunikation unverzichtbar ist und worauf es dabei ankommt.
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